Nach jeder Menge kaltem Wetter und auch nicht minder kühlem Hopping, ging es in etwas südlichere Gefilde. Am nördlichen Rande Afrikas gab es noch so einiges zu erledigen, von daher fiel die erste Wahl auf Tunesien. Bereits im Dezember hatte ich eine Tunesien Tour gebucht, allerdings genau im Zeitraum des kurzen Winterchaos, damals hatte ich nach 5 Umbuchungsversuchen aufgegeben und die Reise komplett abgesagt.
Diesmal lief es besser, Tunisair beförderte mich von Frankfurt nach Tunis ohne Probleme und ich konnte mich direkt am Flughafen auch schon mit einer SIM ausstatten (ca. 5€). Auch ein Bolt war schnell bestellt (ca. 10min., 4€) und brachte mich zu meinem Hotel. In Tunesien geht fast alles über Bargeld, kaum Kreditkartenzahlungen. Für Bolt ist ebenfalls nur Barzahlung möglich, in meinem Hotel war das dann auch der Fall. Etwas unglücklich, da die Mengen an den Automaten sehr begrenzt sind und auch nicht alle Scheine vorhanden sind. Nach mehrmaliger Abhebung und einem Packen Geld war aber auch das erst mal erledigt.
Sehr zu empfehlen ist das Street Food. Meist ist es etwas schwer herauszufinden, was man überhaupt bekommt, aber es sieht klasse aus, schmeckt exotisch und sehr gut. Für 2-3€ kann man sich sattfuttern. Wer einheimisches Essen mal richtig ausprobieren möchte, dem kann ich das „Les Dauphins“ sehr empfehlen. Für 17 TND (ca.6€) kann man sich am Buffet vom Koch einen Teller vollmachen lassen mit Leckereien. Von dem einen Teller (+Suppe, +Beilagenteller, +Brot) würde aber auch ein 150kg Bergarbeiter satt werden.
Kommen wir endlich zum Fußball. Achja, Tunesien… schweres Ding. Die Liga wurde 6 Tage vorher terminiert, der Pokal knapp 1 Woche vorher und auch die CAF CL erst ein paar Tage vorher. Planung war da also nicht wirklich, mehr auf gut Glück. 2 Spiele in 7 Tagen waren jetzt auch nicht die fette Ausbeute, aber immerhin. Mein Hauptaugenmerk lag natürlich auf dem CAF CL Spiel, das ausgerechnet auch noch 2 tunesische Vereine untereinander ausgelost bekommen hatte. Also Derby Time quasi. Derby Time veranlasste die Behörden allerdings zu einigen Maßnahmen, wie mir später auffallen sollte. Das Spiel wurde zunächst auf neutralen Boden verlegt… der neutrale Boden war das Stadion des Auswärtsgegners Esperance de Tunis. Kam mir natürlich entgegen, das Stadion war nur 15 Bolt-Minuten entfernt.
Soweit so gut, das hatte ich die Tage alles schon rausgefunden. Tickets sind in Tunesien eigentlich kein großes Problem, es gibt einige Shops in der Stadt, die Tickets verkaufen, einfach im Hotel fragen, irgendwer kennt immer wen, der weiß welcher Shop Tickets hat. Naja, außer für dieses Spiel natürlich. Warum es keine gibt, konnte mir weder im Hotel wer sagen, noch in einem Shop. Also ging es auf gut Glück zum Stadion. Angekommen waren rundherum Polizei Barrikaden errichtet und als ich mich traute den Versuch zu starten da durch zu kommen, hatte ich gleich einen Pulk Uniformierter mit Helm, Schild und Stock um mich rum. Ein grinsender Polizist in Zivil checkte meinen Pass und ließ mich durch, Hürde 1 geschafft! Am Stadion selbst war dann Fanatmosphäre, viel Polizei, natürlich kein Verkauf von Tickets. Man schlendert dann eben einige Male von Ausgang zu Ausgang, schaut etwas Hilfe suchend drein und fragt ab und an wen ob es Tickets gibt. Gerade als ich die Hoffnung fast aufgegeben hatte („sold out, sold out“), sprach mich ein Polizist an und deutete mir an dass wir ein Stück von der Meute weg gehen sollten. Die Buchse war voll, ich dachte er kassiert mich ein Aber neee, er hatte ein Ticket in der Tasche. Nach einigem Feilschen rückte er es auch endlich raus, knapp 20€ waren es mir wert, auch wenn es der knapp 5fache Preis war. Aber hey, ich kam rein!
Spiel: Etoile du Sahel – Esperance de Tunis 0:2
Wettbwerb: CAF Champions League
Stadion: Stade Olympique de Rades
Wer glaubte es würde nun einfach, hat sich geirrt. Denn was will der Touri denn hier? 3 Passkontrollen, 8 Ticketkontrollen und 5 Durchsuchungen später hatte ich den labyrinthischen Eingangsbereich überstanden. Erst drinnen konnte ich in Erfahrung bringen warum Tickets so rar waren und die Kontrollen so hart. Es wurden nur Tickets an Mitglieder ausgegeben, also äußerst begrenzt. Und ich selbst war (natürlich) im absoluten Fanblock von Esperance gelandet. Es war ein Erlebnis… Die Hälfte Oberkörper frei, am Singen, am Tanzen, am Hüpfen. Keiner machte nicht mit, die Fans waren 90min. in purer Extase, einfach wild. Hätte ich da durchgehend mitgemacht, hätte ich danach vor Erschöpfung eine Trage gebraucht zum Abtransport. Das Spiel war so lala, gutes Niveau, schön anzusehen, aber nicht sehr viele Torgelegenheiten. Die wenigen nutzte Esperance sehr gut und gewann das Spiel verdient 2:0. Viel mehr kann ich dazu gar nicht sagen, mitten im Fangewusel ist es schwer dem Spiel die volle Aufmerksamkeit zu schenken.
Nach meinem Highlight standen erst einmal ein paar Tage Ausruhen bzw. Sightseeing auf dem Plan. Zu empfehlen ist hier natürlich die Medina. Von Süßigkeiten und Kleidung bis hin zu Teppichen gibt es alles. Wenn man Zeit und Muße hat, kann man sich anquatschen lassen, ansonsten ist es ähnlich wie in Marokko: Einmal angequatscht, wird man sie nicht mehr los und kann Parfüme, Teppiche und Skulpturen ohne Ende kaufen. Als zweites zu empfehlen ist Karthago: Es gibt 9 Sightseeing Stationen (Die offizielle 1 ist glaube ich das Amphitheater), an jeder kann man sich die Kombi-Eintrittskarte holen für 12 TND (ca. 4€). Der Spaziergang ist ordentlich lang, aber lohnt sich.
Dann endlich stand mein zweites Spiel an, wieder auf gut Glück hin, aber für solch ein Spiel sollten Tickets ja nun wirklich kein Problem sein. Nach kurzen Anlaufschwierigkeiten war der Ticketschalter dann auch gefunden und für 2,50€ das Ticket besorgt. Schönes, sehr einfaches Stadion mit ein wenig Sonne auf den Steinstufen, wo die meisten es sich auf dem Boden gemütlich machten. Eher so die Kategorie Gut-Wetter-Kick.
Spiel: AS Marsa – AS Soliman 0:1
Wettbwerb: Ligue Professionelle 1
Stadion: Stade Abdelaziz Chtioui
Nicht zu vergleichen mit dem CL Spiel natürlich, sowohl von der Atmosphäre als auch vom spielerischen Niveau. Ein paar hundert Fans hatten sich ins Stadion verirrt, ab und an kamen auch ein paar unzufriedene Rufe, aber mehr auch nicht. Das Spiel war auf einem sehr armen Niveau. Der böige Wind verursachte immer wieder lustige Abschläge und machte es nicht einfacher. Marsa versuchte das Spiel zu machen, Chancen kamen dabei aber eher wenige bei raus. Der Gast machte das geschickter und nutzte eine Standardgelegenheit zum 0:1. Besonders ein Spieler stach bei Soliman heraus, der sich als purer Chancentod entpuppte. Mehrere Male stand Marsa zu hoch und in Überzahl für Soliman ging es auf das Tor von Marsa zu. Besagter Spieler war 5 mal im 1-zu-1 gegen den Torwart und scheiterte 5 mal, teils waren es nur Rückgaben. Gegen Ende gab es noch eine Gelb-Rote Karte für Marsa, daraufhin eine kleine Keilerei, die die schlummernden Fans in der Sonne wieder aufweckte.
Insgesamt war Tunis interessant, aber kein großes Highlight. Bis auf die Medina und Karthago waren für mich nicht viele Sehenswürdigkeiten dabei. Die Kultur ist interessant, die Menschen nett (Wenn sie nicht gerade versuchen einen zu bescheißen), sauber ist es aber mal so gar nicht. Entsprechend für 3-4 Tage bzw. langes Wochenende empfehlenswert, mehr muss aber auch nicht sein.