Alles anzeigenIstanbul-Wochenende
27.12.2019
Während sich viele um die Jahreswende auf England konzentriert haben, hatte ich dieses Jahr irgendwie keinen Bock drauf. Stattdessen habe ich mir Istanbul ausgesucht, wo es dann so stark geregnet hat, dass man doch irgendwie an England denken musste…
Die Koordination der Reise hatte wieder einmal ein paar Faktoren, die nicht ganz so einfach waren, aber vielleicht genau darum Spaß gemacht haben. Das Drum-Herum zu planen, sich ins Ungewisse zu stürzen, vielleicht sogar improvisieren zu müssen, die Örtlichkeiten zu erkunden, macht das nicht einen Teil der Faszination aus? Nun denn, an dieser Stelle vielen Dank an @Roundhopper53 , der mir im Vorfeld etwas helfen konnte und auch sonst vielen Dank an alle Tooorler, die ihre Erfahrungen aus der Süperlig geteilt haben und es mir ermöglicht haben ein paar Infos im Vorfeld zu sammeln.
Direkt am Anreisetag hatte ich mir Besiktas Istanbul rausgepickt. Mir war klar, dass es etwas knapp werden konnte, da der neue Flughafen ja mitten in der Pampa lag und die Fahrt mit dem Bus recht lang war. Zudem hatte ich keine Gelegenheit vorher im Hotel vorbeizuschauen und mich abzulegen. Es fing natürlich damit an, dass der Flieger Verspätung hatte, aber 30 Minuten Verzögerung waren durchaus noch zu verkraften. In Istanbul gelandet hob ich fix ein bisschen Bargeld ab, organisierte mir eine SIM-Karte und ging Richtung Busbahnhof. Das Netzwerk öffentlicher Verkehrsmittel ist in Istanbul einfach klasse organisiert und sehr einfach, das muss man einfach mal so sagen! Am Automaten habe ich mir die Istanbul Card geholt, ein bisschen was aufgeladen und schon ging es zum Bus. Ohne Probleme gefunden, Karte auf den Scanner gelegt und los ging´s.
Der Bus war zügig unterwegs, es sah so aus als wenn ich mehr als 2 Stunden vorher am Stadion sein würde, es lief doch besser als gedacht… nunja, bis wir im Istanbuler Stadtverkehr steckten. Wow! Verstopft ohne Ende, kein vor, kein zurück, jeder fährt ohne wirklich nachzudenken und mal jemanden reinzulassen. Irgendwie quetscht sich dann aber doch jeder durch. Es dauert, aber irgendwann kommt man auch mal am Ziel an. Etwas weniger als 1 Stunde vor Beginn war ich dann am Stadion, entschied mich den Eingang rechts herum zu suchen - nach guter alter Tradition natürlich die falsche Wahl. Nachdem ich also 270 Grad des Stadions umkurvt hatte, durchlief ich samt Rucksack 3 Kontrollen und wäre beinahe an meinem Ladekabel für´s Handy gescheitert, Batterien seien gefährlich! (Welch Ironie, dass die Powerbank problemlos durchging…). Mit Hand und Fuß verständigten wir uns und der „doofe Tourist“ durfte das Kabel dann doch mit reinnehmen…
Der Anblick im Inneren war gewaltig, geiles Stadion!
Es war zwar nicht ganz voll, aber die Stimmung war sowas von erstligareif! Die Stimmungsblöcke befanden sich jeweils hinter den Toren und man lieferte das ganze Spiel über einen großartigen Support ab.
Spiel: Besiktas Istanbul - Genclerbirligi 4:1
Stadion: Vodafone Park, 18.657 Zuschauer
Das Spiel hingegen war doch sehr merkwürdig. Besiktas bemühte sich im Vorwärtsgang, spielte dabei aber wie ein Absteiger. Das ist jetzt nicht übertrieben, was da geboten wurde, war einfach haarsträubend und hatte ich so nicht erwartet. Ballannahme eine Katastrophe, Technik furchtbar und vor allem stimmte die Einstellung nicht. Keiner bewegte sich, keiner lief mal in den freien Raum, keiner bot sich an, es wirkte total lustlos. Genclerbirligi hingegen zeigte viel Einsatz und kombinierte stark und schnell nach vorne.
Bereits in der 11.Minute war allerdings ein Spieler der Gästemannschaft so schlau den Schiedsrichter zu beleidigen und flog vom Platz. Selbst vom obersten Rang konnte man sehr gut deuten was passiert war. Trotz allem erzielten die Gäste den durchaus verdienten Führungstreffer. Noch vor der Halbzeit dezimierten sich die Gäste ein weiteres Mal, denn nach Videobeweis flog der nächste vom Platz. Vorangegangen war ein wirklich hartes Foul.
In die Pause ging es trotzdem mit der Führung des Gastes, allein das sagt genug über die aktuelle Qualität der vermeintlichen Spitzenmannschaft Besiktas aus. Aber mit 9 Mann auf dem Feld wird es auswärts eben schwer. Besiktas besserte sich ein wenig ohne wirklich gut zu spielen. Die Folge waren 4 Treffer zum 4:1 Endstand. Einen Kandidaten für den Kampf um die Meisterschaft habe ich an dem Abend definitiv nicht gesehen, da war ich mir sicher.
28.12.2019
Nachdem ich am Abend zuvor noch gut 1 Stunde mit dem Bus unterwegs war, hatte ich das Hotel aber gut gefunden. In Istanbul gibt es auf jeden Fall zahlreiche, sehr gute und günstige Hotels.
Für das erste Spiel des Tages ging es wieder über mehrere Busverbindungen zum Stadion. Die Schnellbusse sind dabei echt faszinierend. Eine eigene Busspur stellt sicher, dass die Busse gut durchkommen und ein schneller Transfer ist garantiert, da die Taktrate einfach unglaublich hoch ist. Ich konnte 2 verschiedene Buslinien nehmen und zählte in 5 Minuten 8 Busse, die ich hätte nehmen können. Alle ziemlich voll. Sollte der Bus so voll sein, dass der Fahrer einen auch mal hinten einsteigen lässt, reichen alle die Karte bis nach vorne zur Abbuchung durch und wieder zurück. Hier zu Lande würden die meisten hinten einsteigen und sich nen Keks freuen, dass man gratis mitfahren kann…. Der zweite Bus zum Ziel war dann ein „Dorfbus“, der 30 Minuten für 20 Stationen brauchte, Kostenpunkt umgerechnet 0,22€. Die spektakulären Preise zogen sich zu meiner Freude die nächsten Stunden so durch: Schal für 2,50€ ergattert, Eintritt 3€ und zur Krönung ein Sandwich, ein Simit Ring und einen Tee für gesamt 1,50€ .
Das Stadion selbst war ganz süß. Auf der einen Seite konnte man Richtung Stadt blicken, auf der anderen Seite hatten sich hinter dem Tor die Gästefans versammelt und direkt daneben ein kleiner Supporters-Block der Heimmannschaft. Auf der Gegengeraden hatten sich weitere Fans versammelt, die etwas lauter waren als die kleine Ansammlung direkt neben den Gästen.
Spiel: Ümraniyespor – BB Erzurumspor1:2
Stadion: Ümraniye Hekimbasi Sehir Stadyumu, ca. 500 Zuschauer
Das Spiel war natürlich nicht zu vergleichen mit dem Spiel am Vortag. So wurde schnell deutlich, dass man hier in der zweiten Liga spielte. Trotzdem gaben sich beide Mühe, wobei Erzurumspor die etwas bessere Spielanlage zeigte. Trotzdem ging Ümraniyespor in Führung und lange sah es nicht danach aus als würde sich der Gast davon erholen. In einer etwas überraschenden Schlussphase gelang es Erzurumspor dann aber doch noch das Spiel zu drehen und wichtige 3 Punkte mit nach Hause zu nehmen.
Mit den Stadt-, Land-, Dorfbussen ging es dann Richtung zweitem Spiel des Tages. Es schüttete aus Kübeln und da ich viel zu früh am Ziel angelangt war, bereits eine Runde um das komplette Stadion gedreht hatte, aber noch keinen Eingang gesehen hatte, entschied ich mich mal im Einkaufszentrum nebenan vorbeizuschauen. Witzig, dass von genau dort aus dann auch eine Art Seilbahn direkt zum Stadioneingang fuhr. Das Gelände war riesig, aber zum Großteil zubettoniert. Das hatte zur Folge, dass eine Badehose und Gummistiefel prima geeignet gewesen wären zum Stadion zu gelangen.
Ähnlich wie bei Besiktas war auch das Stadion von Galatasaray sehr beeindruckend. Wie bei allen Spielen funktionierte der Einlass ohne Probleme. An dieser Stelle gestattet mir kurz auf das Ticketsystem einzugehen: Eigentlich ist das System ganz ok und nicht gerade schwer, aber auf den ersten Blick verwirrt es einen total und als Tourist ist man schnell überfordert. Zuerst ordert man sich die Passolig Karte (am besten ein paar Wochen vorher). Diese muss in der Theorie am Stadion abgeholt werden, in der Praxis aber nicht. Sobald die Karte aktiv ist, sieht man dies in seinem Account. Erst ab diesem Zeitpunkt sind Tickets für Spiele buchbar. Tickets gibt es meist allerdings erst in der Woche vor dem Spiel. Einfachster Weg ist die Buchung über die App (leider nur auf Türkisch, aber man wurschtelt sich schon irgendwie durch). Dort kann man den Account mit der Passolig Karte verknüpfen, was über die Angabe der Reisepass ID (oder Perso…) geschieht. Spiel auswählen, Guthaben vorher aufladen, bezahlen und QR Code vor Ort nutzen, eigentlich recht simpel.
Spiel: Galatasaray Istanbul – Antalyaspor 5:0
Stadion: Türk Telekom Stadyumu, 24.965 Zuschauer
Was man hier zu sehen bekam, war wirklich ein gewaltiger Unterschied zum Besiktas-Spiel. Galatasaray war zielstrebig, kreativ und spielte den Gegner phasenweise förmlich an die Wand. Die Stimmung war klasse, eine Kombination reihte sich an die andere und so fielen nach und nach auch die Tore. Das 5:0 spiegelte am Ende auch in etwa den Spielverlauf wider und so blickte man in viele fröhliche Gesichter, denen auch die endlos lange Warteschlange vor der Seilbahn nicht in die Quere kam.
29.12.2019
Sonntags hatte ich die Hoffnung etwas mehr Istanbul erkunden zu können, was die letzten beiden Tage doch deutlich zu kurz gekommen war durch den starken Regen. Bis auf ein paar kleinere Schauer wurde mein Wunsch erfüllt und ich konnte unter anderem eine Bootsfahrt über den Bosporus machen, die Hagia Sophia besichtigen sowie mehrere Paläste und Moscheen.
Auf dem Weg zum letzten Spiel der Reise nutzte ich wieder einige Dorfbusse, die übrigens ihre Türen erst nach dem Losfahren schließen. Der Lerneffekt, dass man nicht in der Tür stehen bleibt und diese am Zugehen hindert, ist hier sehr groß. Die Türen gehen natürlich auch schon wieder auf, bevor der Bus anhält. Bei einem Bus gelang es mir gar einzusteigen ohne dass dieser wirklich anhielt, ein stolzes Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen .
Das Stadion von Istanbulspor hatte ausnahmsweise keine Haltestelle direkt vor der Tür, so stiefelte ich durch den Matsch Richtung Stadion und konnte bereits etwas entfernt gute Stimmung vernehmen.
Spiel: Istanbulspor – Adana Demirspor 0:2
Stadion: Necmi Kadioglu Stadyumu, ca. 1000 Zuschauer
Vor allem der Auswärtsblock war ziemlich voll mit den blau gekleideten Anhängern des Gastes. Diese hatten auch allen Grund zur Freude, da ihre Mannschaft aufgrund zweier Tore einen Auswärtssieg einfuhr. Zum Spiel selbst kann ich gar nicht viel sagen, da ich zu sehr fasziniert war von der durchgehend feiernden Heimmannschaft, die beinahe ein ganzes Orchester mitgebracht hatte. Mit Trommeln und Trompeten wurde auf jeden Fall ordentlich Krawall gemacht.
Istanbul ist auf jeden Fall eine Reise wert. Die faszinierende Kultur und die freundlichen Menschen haben mich überzeugt. Zudem empfehle ich jedem sowohl erste als auch zweite Liga mal auszuprobieren, beides ist sehr unterschiedlich, übt allerdings jeweils auf seine eigene Weise eine gewisse Faszination aus.
sehr schooner Bericht. Ich freu mich auf Istanbul im Mai