ZitatDie Querelen um die Vergabe von WM-Tickets spitzen sich zu. Einen Monat vor dem Eröffnungsspiel bekommen Unternehmen und Organisationen zunehmend Probleme, wenn sie Politiker und Geschäftspartner zu Spielen einladen möchten.
"Unsere Einladungen werden nicht so angenommen, wie wir erwartet haben", sagte Theo Zwanziger der Deutschen Presse-Agentur. Zwanziger ist Vizechef des WM-Organisationskomitees (OK). Zudem hindert die mitunter komplizierte Rechtslage Firmen daran, Karten loszuwerden. Der Energiekonzern Vattenfall etwa gibt deshalb einen Teil seiner gebuchten Logen an den Vermarkter zurück - bleibt aber teilweise auf den Kosten sitzen, wie ein Sprecher einräumte: "Wir bekommen weniger Geld zurück, als wir bezahlt haben." Der Grund für die Rückgabe liege nicht in grundsätzlich mangelndem Interesse potenzieller Empfänger, sondern in rechtlichen Bestimmungen zur Abwicklung.
OK will Horrorszenario vermeiden
Mit den Problemen steigt die Gefahr leerer Plätze in den Stadien während der Spiele - ein Szenario, das das OK unter allen Umständen vermeiden möchte. Deshalb haben die WM-Organisatoren Ende März eine Tausch- und Rückgabebörse für bereits verkaufte Karten eingerichtet. Im öffentlichen Verkauf sind die Tickets zwar seit Start des OK-Ticketportals im Internet sehr begehrt, die Nachfrage übertrifft das Angebot zum Teil um das Zehnfache. Hingegen tun sich Unternehmen und öffentliche Organisationen schwer mit der Weitergabe von Tickets. "Es besteht Verunsicherung darüber, wen und in welcher Form man einladen darf", sagte ein Insider der FTD. Bereits seit Wochen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen EnBW-Chef Utz Claassen. Der Energiemanager hatte unter anderem baden-württembergischen Landesministern WM-Tickets als Geschenk angeboten. Die Ermittler sehen darin den Anfangsverdacht der so genannten Vorteilsgewährung. EnBW gehört zu den 21 Hauptsponsoren der WM, dem Unternehmen stehen 12.000 Karten zur Verfügung.
Seit Beginn der Ermittlungen spüren die Sponsoren allerdings eine deutliche Zurückhaltung von Politikern, sich zu Spielen einladen zu lassen. "Natürlich gibt es bei denjenigen, die als Amtsträger zu den potenziell Betroffenen zählen, eine gewisse Verunsicherung", gestand ein EnBW-Sprecher ein. EnBW legte vor zwei Wochen drei Gutachten vor, die zu dem Schluss kommen, die Ticketweitergabe an Politiker stelle keine Bestechung dar. "Eine Strafbarkeit liegt nicht vor, wenn der Sponsor Einladungen an Amtsträger ausspricht, um repräsentative Zwecke zu verfolgen", sagte die Strafrechtlerin Britta Bannenberg. In den Gutachten wurde argumentiert, dass von Ministern oder Landräten für die Tickets keine Gefälligkeiten erwartet werden. Sie werden eingeladen, um das Image der Veranstaltung und des Konzerns zu steigern. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe ermittelt dennoch weiter.
Quelle: Börse online, 08.05.2006, 23:07 Uhr