2 Fragen - a) ist Wilm tooor.de User? und b) wie kommen die auf 200.000 Tickets?
WM-Tickets im Internet: 3, 2, 1 - keins!
Klick zum Kick: Ich seh' immer rot . . .
Von Dirk Steinbach
Hamburg -
Alle Ampeln stehen auf Rot. Wer noch auf WM-Eintrittskarten hofft und sich durch den Ticketshop des Organisationskomitees (OK) im Internet klickt, könnte meinen, er sei auf einer Hamburger Hauptverkehrsstraße unterwegs: Rot, immer wieder Rot, und das seit Wochen. Rot bedeutet im vermeintlichen OK-Einkaufsparadies, daß zur Zeit keine Tickets verfügbar sind. Nichts geht mehr.
Wirklich nichts? Immerhin sollen noch 200 000 der begehrten Karten zu haben sein. Und tatsächlich gibt es rare Momente, in denen einige der Ticketampeln Gelb zeigen und signalisieren: Hier gibt es was zu holen! Das sagt zumindest mein Cousin Wilm - und der muß es wissen. Er hat den Kampf gegen das System aufgenommen, und seit er mit dem Knaller Iran gegen Angola sein erstes WM-Spiel im Netz ergatterte, ist er wie viele andere Fußball-Fanatiker im Ticketrausch.
Anstatt sein Studium voranzutreiben, verbringt der 24jährige täglich Stunden auf der Jagd nach WM-Juwelen wie einem Deutschland-Spiel. Springt eine der Ampeln um, ist Schnelligkeit gefragt. Anklicken und auf den Aktualisieren-Button hämmern, bis der Zeigefinger schmerzt. So erklärt Wilm seine Taktik auf dem Weg ins Fanglück. Häufig ist dennoch jemand schneller und alle Aufregung umsonst.
Der Puls steigt bei all den Fußballverrückten, die es einen Schritt weiterschaffen - zumindest, bis die Seite abstürzt und alle Hoffnungen erneut zerstört sind. Denn das kommt ebenfalls vor. Doch ein Ticketsüchtiger wie mein Cousin läßt sich davon nicht abschrecken. Er versucht es wieder und immer wieder, auch wenn die Freundin in der mittlerweile fünften Verkaufsphase nur noch entnervt abwinkt.
Wilm sucht den Kick, der mit den Sekunden vor dem Ende einer Internet-Versteigerung vergleichbar ist. Drei, zwei, eins - meins oder keins. Doch im Ticketcenter des OK läßt sich mit Geld nicht alles regeln. "Wenn man bei all den Stolperfallen am Ende doch durchkommt, ist das ein richtiger Knaller", meint er. Und dann erzählt er mit leuchtenden Augen von seinem bislang größten Coup - einer Karte für das Viertelfinale in Hamburg -, und beim Zuhörer steigt die Lust, es einmal selbst zu versuchen. Schließlich sind es heute nur noch 30 Tage bis zum WM-Start, ein Ticket muß her - dringend. Doch Pech: Ich seh' immer nur Rot!
erschienen am 10. Mai 2006 - Hamburger Abendblatt
WM-Tickets im Internet: 3, 2, 1 - keins!
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