Die Treuen sind die Unbequemen Der FC Bayern und seine "Problem-Fans" Schläger-Truppe? Der Fan-Club „Schickeria” ist nach den Vorfällen auf der Würzburger Raststätte ins Zwielicht geraten. Der FC Bayern distanziert sich - dabei steht ihm die Gruppierung sehr nahe.
München - Raimond Aumann, der Fan-Beauftragte des FC Bayern, hat die Telefon-Blockade aufgebaut. In der Angelegenheit „Schickeria” ist er nicht zu sprechen, verweist stattdessen auf die offizielle Erklärung, die der Vorstand mit Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß und Karl Hopfner zu den Ausschreitungen herausgegeben hat. Die Kernpunkte: Bundesweites Stadionverbot „über die längstmögliche Dauer” gegen alle 73 Insassen der beiden Fan-Busse, Hausverbot auf dem FC Bayern-Gelände und in der Allianz Arena.
Auch bei der „Schickeria”: Stille. „Wir haben ausgemacht, dass wir jetzt gar nichts sagen”, erklärt der Vorsitzende Simon Müller und verweist auf die laufenden Ermittlungen und dass „Leute von uns in U-Haft sitzen”. Stellung bezogen hat die „Schickeria” jedoch schriftlich, auf ihrer Homepage. Der Tenor: Tiefes Bedauern und Missbilligung der Vorfälle, des „dummen und inakzeptablen Verhaltens”, durch das die Frau des Nürnberger Busfahrers schwer verletzt wurde.
Aber es gibt auch Kritik an den Maßnahmen durch den FC Bayern: Man halte die „kollektive Bestrafung aller 80 Mitfahrer, also explizit auch aller Unschuldigen und Unbeteiligten für höchst fragwürdig. Die überwiegende Mehrheit der in den Bussen mitgereisten Bayern-Fans war an dem Vorfall nicht beteiligt.” Einige seien in den Bussen sitzen geblieben, hätten um 8 Uhr morgens auch noch geschlafen. Es sind heikle Zeiten in einer heiklen Beziehung zwischen dem FC Bayern und seinen Ultras.
Die Ultra-Szene bilden im wesentlichen die „Schickeria” und der „Club Nr. 12”, der sich als Fanclub-übergreifende Vereinigung sieht. Im wesentlichen haben diese Gruppierungen den Kern der alten Südkurve im Olympiastadion gestellt.
Ultras sind gegen kommerzielle Auswüchse im Fußball, sie engagieren sich für den Erhalt von Stehplätzen und für die Stimmung im Stadion. Blockfahnen, Choreographien, die über mehrere Blöcke gehen (wie vor den Champions League-Heimspielen gegen Real Madrid und AC Mailand) sind Markenzeichen der Ultras.
Der FC Bayern schätzt diesen Einsatz, Uli Hoeneß hat für die bunten Aktionen sogar schon gespendet. Und auch wenn der FC Bayern in seiner Erklärung nun versichert, dass es sich bei der „Schickeria um keinen Fanclub des FC Bayern” handelt, ist die Nähe nicht zu leugnen. Ultra-Fans gehören zum kleinen Kreis der rund 500 Besitzer von Auswärts-Dauerkarten, sie begleiten ihren Verein sogar ins Trainingslager und zu Freundschaftsspielen; vor einigen Jahren hat der FC Bayern seine loyalsten Anhänger sogar mal gratis im Flugzeug nach Malta mitgenommen.
Dennoch war das Verhältnis immer auch angespannt. Die treuen Fans waren kritisch, fordernd, unbequem und der Gewalt nicht grundsätzlich abgeneigt. Vor vier Jahren eine erste Eskalation: Der FC Bayern vergab an die Ultras keine Karten mehr - bis nach mehreren Sitzungen unter Leitung des Reporters Günther Koch als Schlichter Frieden geschlossen wurde.
Gekämpft hat vor allem die „Schickeria” immer auch gegen Stadionverbote und schnelle Aufnahmen in die deutsche „Datei Gewalttäter Sport”. Ein Solidaritäts-Transparent hatte seinen festen Platz am Zaun der Allianz Arena: „Ausgesperrte - für immer bei uns.” Die „Schickeria” definiert sich als politisch eher links, letzten Sommer hat sie in München ein Antirassistisches Turnier ausgerichtet und an der WM „Antirazzisti Mondiali” teilgenommen. Doch der gute Ruf ist jetzt erst mal dahin.
VON GÜNTER KLEIN
Quelle: Oberbayern, München, Region, Nachrichten, Kleinanzeigen