Ich fand die Analyse der Schweizerin im ZDF-Studio treffend. Beim DFB und insb. in der Trainerausbildung wird viel zu viel auf taktisches Verhalten Wert gelegt. Jede Spieleröffnung, jedes Paßspiel, jede Bewegung wird den Spielrinnen und den Spielern vorgegeben. Sie werden in ein System gepresst, wo eigene Ideen überhaupt keinen Platz haben, sogar eher durch Auswechslung bestraft werden. Selbst in unteren Ligen wird jedes Spiel per Video ausgewertet und gesagt, wo Du hättest stehen müssen. Da geht jede Individualität, jede Kreativität und überraschende Aktion verloren. Ziel ist ständiger Ballbesitz (lieber spielt man quer oder zurück), von dem aber null Torgefahr ausgeht, weil nichts Überraschendes passiert. Darauf kann sich jeder Gegner gut einstellen.
Und wenn es nicht läuft und das Schema F mal verändert werden müsste, dann finden die Spieler/innen keine Lösung, weil sie nicht gewohnt sind, mal selbst etwas zu kreieren, etwas selbst zu entscheiden. Die Straßenfußballspieler/innen fehlen.
Bestes Beispiel war doch heute Sydney Lohmann. Sie war die Einzige, die mal etwas vom Schema F des Ballgeschiebes abgewichen ist und etwas riskiert hat. Und sie war die Einzige, die dadurch einige halbwegs brauchbafre Torchancen kreiert hat. Und sie ear die Einzige, die zweimal aufs Tor geschossen hat.
Was mir noch fehlt bei der Betrachtung ist ja, dass es eigentlich eine Besonderheit des Fußballs ist, dass Mannschaften, die eigentlich unterlegen sind, mit einer gewissen Taktik die großen Ärgern können. Hab zwar nur Zusammenfassungen gesehen und die 2. Hälfte gegen Kolumbien. Gegen Kolumbien war es ja wie so oft bei den Männern. Spielerisch überlegen, Spiel in der Hand, und dann bei einer der ganz wenigen Chancen des Gegners dumme Tore gekriegt. Erinnert an Mexiko 2018, Ungarn 21, Japan 22. Hab mich ja eigentlich grundsätzlich oft genug über solche "David gegen Goliath" Siege gefreut. Ich hab aber davon langsam die Nase voll.