Wen es interessiert: (Passte irgendwie in keine andere Kategorie)
Herr Blatter und seine Freunde
Der vom ZDF während der WM 2006 verhinderte Arte-Themenabend zu Korruption, Fifa und Weltfußball läuft doch noch: heute, über ein halbes Jahr nach dem Event
Es ist nicht verwerflich, wenn es deutsche Fernsehanstalten mit dem Medienrecht genau nehmen. Wenn allerdings das ZDF einen höchst Fifa-kritischen Beitrag - und damit einen ganzen Arte-Fußball-Themenabend (geplant während der WM 2006 am 28. 6.) unter Verweis auf diese Sorgfalt auf Eis legt, bis garantiert kein Fifa-Funktionär zu vergrätzen ist, fallen einem dazu noch ganz andere Vokabeln ein.
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Gut, zwei (in Worten: zwei!) Mini-Stellen hat das ZDF in dem vom BBC-Magazin "Panorama" übernommenen Beitrag gefunden, die nach deutschem Persönlichkeitsrecht für Ärger hätten sorgen können (die taz berichtete). Nun also läuft endlich Andrew Jennings' hervorragende Reportage "Der schöne Schein - die Fifa und das Geld" (20.40 Uhr) über den Verdacht, die WM-Vermarktungsfirma ISL habe die Fifa geschmiert. Sie ist immer noch mehr als sehenswert.
Aber dummerweise - oder, je nach Sicht, zum Glück - ist der Beitrag nun etwas veraltet: Ärger mit im Lande weilenden Fifa-Granden oder wenigstens erhöhte Aufmerksamkeit droht kaum noch. (Die BBC zeigte den Film übrigens zum WM-Beginn).
Auch der zweite ursprünglich geplante Beitrag des Themenabends fällt nun ganz anders aus - und tut niemandem mehr weh. Die Autorin Martina Bosse hatte einen Film über die teilweise absurden Anforderungen der Fifa in Sachen Markenschutz und Auflagen bei der Berichterstattung gedreht. Jetzt präsentiert "Das Spiel vor dem Spiel" (21.30 Uhr) zwar immer noch als Rückblende kurz einen knurrigen Münchner Oberbürgermeister, der von "Knebelverträgen" spricht. Doch es geht - und auch dieser Film ist höchst sehenswert - nun mehr über die Vorbereitungen der WM 2010 in Südafrika. Und nur ganz am Rande um den "nicht unumstrittenen Fifa-Präsidenten Joseph Blatter". Immerhin: Ab 22.10 Uhr läuft nochmal Jens Weinreichs Blatter-Porträt "Der Unberührbare".
Jennings hat übrigens für "Panorama" längst ein Update in Sachen Fifa und Korruption gedreht: news.bbc.co.uk/2/hi/programmes/panorama/6215094.
stm. STG
taz vom 16.1.2007, S. 18, 74 Z. (Kommentar), STG
Quelle: TAZ
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Dienstag, 16. Januar 2007 um 20.40 Uhr
Wiederholungen: 17.01.2007 um 14:40
FIFA im Verdacht - Macht und Mammon im Weltfußball
ZDF
Die in Deutschland ausgetragene Fußball-WM löste im vergangenen Sommer eine beispiellose Welle der Begeisterung aus. Dem Organisationskomitee und seinem Leiter Franz Beckenbauer zollte der Fußballweltverband FIFA höchste Anerkennung. So lobte FIFA Präsident Joseph Blatter: "Das waren die besten Spiele". Doch der Zusammenbruch der mit der FIFA verbundenen Marketingfirma ISL wirft einen Schatten auf die Euphorie, lässt er doch den Verdacht zu, dass beim finanziellen Höhenflug der FIFA Misswirtschaft und Korruption im Spiel waren. Der Themenabend beleuchtet die derzeitigen Turbulenzen im Weltfußballverband und den sich abzeichnenden Machtkampf innerhalb der FIFA.
ARTE F
Die Fußball-WM 2006 in Deutschland war ein wahres "Sommermärchen". Herrliches Wetter, spannende Spiele, grenzenlose Freude. Alles lief perfekt. Es gab fast keine Ausschreitungen, nur ungeteilte Freude. Ein ganzes Land zeigte Flagge. Und landauf, landab feierten die Fans die Spiele, sei es im Sieg oder in der Niederlage, mit Wimpeln an den Autos und Fahnen an den Häusern. Sie tanzten auf der Straße, jubelten oder litten mit bei den aus den Nähten platzenden Public Viewings. Eine noch nie da gewesene Begeisterungswelle eroberte Deutschland, eine friedliche und ausgelassene Stimmung, die per TV in die ganze Welt live übertragen wurde.
Die Erwartungen an das Gastland, die FIFA-Präsident Sepp Blatter im Vorfeld der WM formulierte, wurden beinahe übertroffen. Dem deutschen Organisationskomitee unter Leitung von Franz Beckenbauer attestierte er nach der WM: "Das waren die besten Spiele."
Jedoch könnte für einige Verantwortliche beim Weltfußballverband FIFA demnächst die Stunde der Wahrheit schlagen. Der Zusammenbruch der Marketingfirma "International Sport and Leisure" hat in der Schweiz zu einem juristischen Verfahren geführt, das den machtbewussten FIFA-Präsidenten Sepp Blatter in einen peinlichen Verdacht bringen könnte.
In den letzten 30 Jahren hat sich die FIFA Stück für Stück zu einer kommerziellen Organisation entwickelt. Der ehemalige Uhrenmanager Joseph Blatter vollendete das Werk seines brasilianischen Vorgängers João Havelange gemeinsam mit seinem deutschen Freund und Vorbild, dem ehemaligen Adidas-Chef Horst Dassler. In wenigen Jahren bauten sie die FIFA mithilfe von ISL zu einer Geldmaschine aus, von der vor allem Blatter treu ergebene Sportbürokraten profitierten, wie der Vizepräsident der FIFA Jack Warner, der von der Ferieninsel Trinidad aus den mittelamerikanischen Fußball beherrscht. Das ging jahrelang gut, bis die Gier nach immer mehr Millionen zum Zusammenbruch der ISL führte und das Ausmaß an Misswirtschaft ans Tageslicht kam. Der Verdacht der Korruption konnte seither nicht ausgeräumt werden.
Der Themenabend versucht die Frage zu klären, ob das "System Blatter" die derzeitigen Turbulenzen und den abzusehenden Machtkampf innerhalb der FIFA überleben kann.
ZUSATZINFORMATION Die Dokumentation greift auf Archivmaterial zurück, das dank des damaligen Medienrummels in China und den USA reichlich vorhanden ist. Daraus entstand ein Gruppenporträt, das die beklemmende Atmosphäre des Kalten Krieges heraufbeschwört. Auf dem 49. Internationalen Filmfestival von San Francisco wurde der Dokumentarfilm aktuell mit dem Golden Gate Award in der Kategorie bestes TV-Feature ausgezeichnet.
Quelle: ARTE
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Dienstag, 16. Januar 2007 um 21.30 Uhr
Wiederholungen : 17.01.2007 um 15:25 , 25.01.2007 um 15:15
Das Spiel vor dem Spiel
Dokumentation, Deutschland 2006, Erstausstrahlung
Regie: Martina Bosse
Die nächste Fußballweltmeisterschaft soll im Jahr 2010 in Südafrika, und somit zum ersten Mal auf dem schwarzen Kontinent, stattfinden. Martina Bosse geht in ihrer Reportage dem einmaligen Phänomen in der Geschichte des Sports nach, dass ein kommerziell orientierter Organisator wie der Weltfußballverband FIFA einem Land die Bedingungen zu diktieren versucht, unter denen das Großereignis Fußballweltmeisterschaft veranstaltet werden soll.
ZDF © MedienKontor
Die Fußballweltmeisterschaft kommt 2010 nach Südafrika. Für die junge Demokratie eine große Chance, der Welt die Fortschrittlichkeit des Landes zu präsentieren. Doch im Zuge der laufenden Vorbereitungen des Großereignisses werden auch kritische Stimmen von Politikern, Gewerkschaftern und Vertretern anderer Institutionen laut. Der Unmut richtet sich vor allem gegen die umfangreichen Forderungen und Auflagen des Weltfußballverbandes FIFA.
So musste Südafrika im Vorfeld 17 Garantien abgeben, um überhaupt die Möglichkeit zu haben, die WM austragen zu dürfen. Die Forderungen der FIFA dienen vor allem dazu, die Exklusivrechte von Sponsoren zu schützen, kollidieren dabei jedoch zum Teil mit der südafrikanischen Gesetzgebung. Beispielsweise verabschiedete das Ministerium für Handel und Wirtschaft eigens ein Gesetz, das unter anderem dem FIFA-Sponsor Budweiser während der WM uneingeschränkt den Vertrieb und Handel mit Budweiser-Bier ermöglicht und das bestehende Alkohol-Handels-Gesetz für das Produkt außer Kraft setzt. Die FIFA-Forderungen verstoßen zudem gegen die Black Economic Empowerment-Richtlinien, die dazu dienen, von Schwarzen geführte Wirtschaftsunternehmen gezielt zu fördern.
Und Südafrika hat noch eine Menge anderer Probleme. Noch entspricht keines der fünf bestehenden Stadien den Anforderungen der FIFA, und der Start für den Bau von fünf weiteren Stadien soll erst Anfang 2007 erfolgen. Das öffentliche Transportwesen befindet sich in einem katastrophalen Zustand. Vor allem aber muss Südafrika etwas gegen die hohe Kriminalitätsrate tun. Mehr als 50 Morde werden täglich begangen. Zudem sind viele Townships in Südafrika für potenzielle WM-Touristen absolute "No-go-Areas". Trotzdem versichert Danny Jordan, Chef des Organisationskomitees, "dass man bis 2010 das Problem im Griff" haben werde. Südafrika sei im Stande, für die Sicherheit jedes einzelnen WM-Besuchers zu garantieren.
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Dienstag, 16. Januar 2007 um 22.10 Uhr
Wiederholungen: 17.01.2007 um 16:05 , 25.01.2007 um 15:50
Der Unberührbare
Dokumentationsreihe, Dänemark 2004, ARTE F
Regie: Jens Weinreich
Ein Porträt des FIFA-Präsidenten Sepp Blatter, dem mächtigsten Mann der Fußballszene, der immer wieder für Schlagzeilen sorgt.
ARTE F
Seit 1998 liefert FIFA-Präsident Sepp Blatter den Medien unerschöpflichen Stoff. Wegen Korruption und Geldwäsche angeklagt, als Diktator verschrien - dennoch ist der Schweizer der mächtigste Mann der Fußballszene. Aus einem sechsjährigen Kampf gegen Presse, Rechtsanwälte und die eigene Organisation ging er als unantastbar hervor. Die von ihm kontrollierte FIFA hat beinahe mehr Bedeutung und Einfluss als die UNO oder die Katholische Kirche. Vom FIFA-Kongress in Qatar über einen Besuch bei Sepp Blatter zu Hause in Zürich bis zur Eröffnung der Zeremonien in Tunesien - die Dokumentation porträtiert einen Mann, seine Organisation und seine Familie - die Fußballfamilie. Einige hassen ihn, andere lieben ihn und würden für ihren Chef durchs Feuer gehen.
ZUSATZINFORMATION Fußball ist der Sport par excellence. Jeden Tag gehen Millionen von Fans in die Stadien, und die Fangemeinde wächst noch immer. Fußball ist die europäische Antwort auf die amerikanische Traumfabrik Hollywood: Fußball bedeutet Unterhaltung pur - und das für die ganze Welt. Doch der internationale Fußball ist durch und durch krank. Er ist politisch und korrupt geworden, und viele bereichern sich an ihm. Horrende Summen werden für medizinische Forschung und Doping ausgegeben. Fußball war noch nie so beliebt wie heute, doch das wie moderner Sklavenhandel anmutende Verschachern der Spieler und die politische Einflussnahme lassen den Glanz zunehmend verblassen.
Quelle : ARTE