ZitatAlles anzeigen"Wir brauchen in der jetzigen Situation Kapital!"
Der KSC steht nach 18 Spieltagen weiterhin überraschend auf dem 6. Tabellenplatz. Alles scheint bestens, so könnte man glauben. Doch der Erfolg weckt Begehrlichkeiten.
Und so macht sich Edmund Becker Sorgen um die sportliche Zukunft des KSC. "Wir müssen schauen, dass wir in der Bundesliga konkurrenzfähig werden", erklärt der Trainer im Gespräch mit bundesliga.de und meint damit nicht nur den sportlichen Wettstreit.
bundesliga.de: Herr Becker, zum Rückrundenauftakt gleich den "Club" mit 2:0 besiegt. Sie können vollauf zufrieden sein.
Edmund Becker: Ja, das waren wir auf jeden Fall. Zum einen mit dem Ergebnis und zum anderen mit der Art und Weise, wie wir vor allem in der zweiten Halbzeit gespielt haben.
bundesliga.de: Ihnen fehlen nur noch neun Zähler zur angepeilten 40-Punkte-Marke. Von einem Abstiegsplatz trennen Karlsruhe zudem schon 16 Punkte. Den Klassenerhalt stellt doch niemand mehr ernsthaft in Frage, oder?
Becker: Das Thema Klassenerhalt wollen wir gar nicht so sehr in den Mittelpunkt stellen. Wir stellen nach wie vor unsere 40 Punkte in den Mittelpunkt. Und nach der jetzigen Entwicklung gehen wir auch davon aus, dass wir sie nicht erst am letzten Spieltag erreichen, sondern wir wollen das schon einige Zeit vorher tun.
bundesliga.de: Und dann werden offensivere Ziele ausgegeben?
Becker: Je nachdem, wann die 40 Punkte erreicht sind, kann man dann auch ein neues Ziel ausgeben.
bundesliga.de: Ebenfalls früher als erwartet kam das Comeback von Markus Miller. Wie wichtig ist er für das Team?
Becker: Er ist sehr wichtig. Markus hat ja auch in den ersten elf Spielen sehr, sehr gut gehalten. Mit seiner Präsenz und seiner Interpretation des Torwartspiels ist er nicht nur ein sehr guter Mann zwischen den Pfosten, sondern gibt der Hintermannschaft auch die nötige Sicherheit, die nötige Ruhe und die nötige Stabilität.
bundesliga.de: Und Sie haben volles Vertrauen in die Wunderheilung, befürchten keinen Rückschlag?
Becker: Da sind wir absolut zuversichtlich. Nachdem die Reha-Maßnahmen gegriffen haben, haben wir uns dafür entschieden, diese Sache konservativ fortzuführen. Das verlief bisher alles reibungslos, das Knie ist stabil, es ist auch bei stärkerer Belastung ohne Flüssigkeit. Deshalb sind wir zuversichtlich, dass wir die komplette Rückrunde mit Markus Miller zu Ende spielen können.
bundesliga.de: Eine weitere erfreuliche Personalie: Joshua Kennedy hat bei seinem Debüt zunächst die Führung durch Christian Eichner vorbereitet und danach selbst getroffen. Sein erstes Tor seit dem 20. Oktober des vergangenen Jahres. Was haben Sie ihm denn geflüstert, oder war der Ex-Club Motivation genug?
Becker: Eine besondere Motivation gab es da nicht, eher im Gegenteil. Ich habe ihn vor dem Spiel darauf hingewiesen, dass er da nicht zu viel hineininterpretieren soll. Von wegen irgendetwas zurück zu zahlen, oder jemandem was beweisen zu wollen. Ich habe ihm gesagt, dass er nur versuchen soll, jetzt für den KSC eine gute Leistung abzuliefern. Und das ist ihm in der zweiten Halbzeit auch sehr gut gelungen.
bundesliga.de: Ein offensiver Lichtblick, nachdem zuletzt Mittelfeld und Abwehr torgefährlicher waren als der Angriff?
Becker: Das kann man zu dem jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Wir haben mit Sebastian Freis und Edmond Kapllani zwei verhältnismäßig junge Spieler, die auch noch am Anfang ihrer Karriere stehen. Joshua ist da jetzt eben der dritte Spieler. Ich glaube, dass man im Angriff auch eine gewisse Breite braucht. Wir hoffen bei allen Dreien, dass sie Tore erzielen, wenn sie auf dem Platz stehen. Denn in gewisser Weise werden die Stürmer nicht nur an ihrer Arbeit für die Mannschaft gemessen - das ist zwar schon wichtig, aber das eine oder andere Tor sollten sie dann schon auch erzielen.
bundesliga.de: Kennedy kann durch die Mitte, aber auch über die Außen mit Flanken bedient werden. Wird das Angriffsspiel im 4-2-3-1 jetzt noch variabler?
Becker: Ja, wobei wir das schon die Saison über mit Freis oder Kapllani im Sturmzentrum gespielt haben. Der Vorteil von Joshua ist der, dass er von seiner Statur und Spielweise her schon eher der Typ fürs Zentrum ist. Aber Edmond hat auch bewiesen, dass er es spielen kann und mit Sebastian und seiner eher beweglicheren Art haben wir auch gute Erfahrungen gemacht.
bundesliga.de: Aber Kennedy hat erst mal die Nase vorn?
Becker: Ja, wobei er erst am Freitagmorgen aus Melbourne zurück kommt. Es steht ein großes Fragezeichen dahinter, ob man ihn dann direkt aus dem Flugzeug aufs Spielfeld bringt. Da muss man erst mal sehen, in welcher Verfassung der Spieler zurückkommt und in welcher Verfassung sich die anderen Stürmer im Training präsentieren.
bundesliga.de: Kennedy wurde längerfristig gebunden. Im Sommer laufen aber einige Verträge aus. Steht dem KSC ein großer Umbruch bevor?
Becker: Das wollen wir natürlich vermeiden. Aber das ist bei uns eine schwierige Situation. Wir haben ein gewisses Kontingent an Geldern und da müssen wir schauen, wie wir damit klarkommen. Wenn wir weiterhin Bundesliga spielen wollen, dann ist es für uns ganz wichtig, dass wir die Einnahmenseite verbessern. Sonst haben wir in Karlsruhe auf Dauer keine Chance die Bundesliga zu halten.
bundesliga.de: Und wie wollen Sie die Einnahmenseite verbessern?
Becker: Damit, dass man Sponsoren gewinnt. Die Mannschaft hat in den vergangenen zwei Jahren wahnsinnig viel Werbung gemacht für Karlsruhe und den KSC. Da müsste es doch auch möglich sein, Leute zu gewinnen, die sich für den Verein engagieren, um damit unsere Einnahmenseite zu verbessern und die Spieler hier in Karlsruhe zu halten.
bundesliga.de: Vor diesem Hintergrund ist auch der Stadionneubau ein Thema.
Becker: Ja, aber wir brauchen in der jetzigen Situation Kapital, um die Jungs in Karlsruhe zu halten. Die Konkurrenz schläft ja nicht. Die sehen, dass das gute Spieler sind und versuchen sie natürlich mit guten Angeboten abzuwerben. Wir müssen da versuchen dagegenzuhalten. Das können wir aber nur, wenn wir einerseits eine sportliche Plattform bieten, auf der sie sich weiterentwickeln können. Da sind wir ganz gut aufgestellt. Aber der wohl wichtigere Teil ist der, dass die Forderungen der Spieler befriedigt werden - nicht unbedingt zu hundert Prozent, aber wir müssen schauen, dass wir in der Bundesliga konkurrenzfähig werden. Das sind wir momentan noch nicht. Und deshalb besteht die Gefahr, dass die Spieler den Verein verlassen.
bundesliga.de: Christian Eichner liegt ja schon ein Vertrag vor, mit dem er allerdings noch nicht ganz zufrieden war. Gibt es neue Signale?
Becker: Nein. Es gab ja am Samstag unmittelbar vor dem Spiel noch ein Gespräch mit dem Berater. Da sind wir aber noch um einiges auseinander, was die Beträge betrifft.
bundesliga.de: Und wie verhält es sich mit Florian Dick, Andreas Görlitz und Massimilian Porcello?
Becker: Von meiner Seite aus, als sportlich Verantwortlicher, will ich diese Spieler natürlich alle behalten. Ich habe nicht den genauen Einblick, wie weit die Verhandlungen sind. Ich bekomme immer wieder Rückmeldungen von Rolf Dohmen, er informiert mich. Aber detaillierte Aussagen kann ich nicht machen.
bundesliga.de: Sie haben es angesprochen: die Einnahmen durch Sponsoren steigern, die Sponsoren durch sportlichen Erfolg gewinnen. Nun geht es erst gegen den Tabellennachbarn aus Hannover. Danach kommt Leverkusen und dann das Derby in Stuttgart. In drei Wochen kann der KSC also eine Menge gewinnen oder eine Menge verlieren.
Becker: Richtig. Wir wussten, dass wir ein sehr, sehr schweres Startprogramm haben. Deshalb war der Sieg gegen Nürnberg für uns auch unheimlich wichtig. Zum einen, um die 30er-Marke zu überspringen, zum anderen, um Selbstvertrauen zu tanken für die sehr schweren Spiele, die wir vor der Brust haben.
bundesliga.de: Neun Punkte sind möglich, wie viele sollen es denn mindestens werden?
Becker: Ich bleibe da meiner Linie treu und gebe nur Aussagen zum kommenden Spiel ab und da wollen wir punkten. Wenn wir in Hannover einen Punkt machen würden, bei dieser starken Mannschaft, das wäre für uns ein toller Erfolg.
Das Gespräch führte Michael Wollny
Quelle: dfl.de