VON INGO DURSTEWITZ
Um exakt 17.02 Uhr schickte Eintracht-Sprecher Carsten Knoop gestern eine Pressemitteilung in die Redaktionsstuben, die ausnahmsweise mal einen ziemlich brisanten Inhalt hatte: "Albert Streit wechselt bereits in der Winterpause zum FC Schalke 04." Ein dickes Ding in dürren Worten.
Streit wirkte nach dem wochenlangen Tauziehen um seine Person und Zukunft gelöst. "Es ist ein Traum, dass ich schon bald Champions League spielen darf", sagte der derzeit verletzte Mittelfeldspieler der FR.
Die Entscheidung hatte sich in den vergangenen Tagen angedeutet. Anfang dieser Woche hatte Schalkes Manager Andreas Müller eine offizielle Offerte bei Eintracht Frankfurt hinterlegt. Ein Angebot, das Heribert Bruchhagen überzeugte. Der Eintracht-Boss schlug in der gestrigen Sitzung dem Aufsichtsrat vor, den Mittelfeldmann vorzeitig zu veräußern - das Gremium stimmte zu.
Zwei Millionen Euro Ablöse
Streit spült etwa zwei Millionen Euro aufs Eintracht-Konto, zudem erhält der hessische Klub einen Zuschlag, falls der 27-Jährige für die Königsblauen noch in dieser Saison in der Champions League aufläuft. Der Frankfurter Bundesligist streicht damit mehr als das Doppelte der Summe ein, die er im Sommer 2008 erhalten hätte. Denn in Streits Arbeitspapier ist eine festgeschriebene Ablöse verankert: eine Million Euro.
Es gab letztlich neben dem wirtschaftlichen Aspekt noch einige andere Faktoren, die bei den Eintracht-Verantwortlichen ein Umdenken auslösten. Da ist vornehmlich die Knieverletzung des Profis zu nennen. Streit liegt zurzeit mit einem operativ geglätteten Meniskus auf Eis. Er kann frühestens in vier Wochen wieder ins Training einsteigen. "Keiner weiß, wann er wieder gesund wird", sagte Eintracht-Trainer Friedhelm Funkel. "Es gibt keine Garantie, dass er schnell wieder einsteigen kann." Dazu passt die Meldung, dass sich Streit morgen noch einer sportmedizinischen Untersuchung bei S 04-Mannschaftsarzt Bernd Brexendorf unterziehen muss. "Wir gehen aber davon aus, dass er Ende Januar bereits wieder spielbereit ist", sagte Manager Müller.
Zum anderen spielte der Eintracht der Erfolg im letzten Hinrundenspiel in Duisburg in die Karten. "Ich würde lügen, wenn ich behauptete, der Sieg in Duisburg hat nichts mit unserer Entscheidung zu tun", sagte Funkel. Nun überwintern die Hessen mit 23 Punkten auf ihrem Konto und können halbwegs beruhigt in die Zukunft schauen.
Funkel hat sich gestern persönlich von Streit verabschiedet und sich für die gute Zusammenarbeit bedankt. "Er ist ein geradliniger, aufrechter Mensch", sagte Funkel. Als Spieler aber sei er trotz seiner individuellen Klasse sehr wohl zu ersetzen. Das hätten die letzten Partien gezeigt. Funkel erwägt, den Verlust an fußballerischer Qualität durch eine andere taktische Ausrichtung aufzufangen, also die beiden defensiven Mittelfeldspieler, wie zuletzt schon, offensiver agieren zu lassen.
Überdies, so ist zu vernehmen, hat die Eintracht ihrerseits bereits einen Streit-Ersatz an der Hand. Angeblich sollen die Frankfurter einen ausländischen Spieler an der Angel haben, der durchaus der Kategorie Hochkaräter zuzurechnen ist. Um den Brasilianer Roger wird es sich da wohl nicht handeln - der Tscheche Martin Fenin fiele eher unter diese Kategorie. Um den hatte die Eintracht im Sommer noch vergeblich geworben. "Natürlich ist er ein Thema", sagte Funkel dazu.
Und Streit? Er ist klug genug, um zu wissen, dass er sich im Schalker Star-Ensemble seinen Stellenwert erst erarbeiten muss. Streit, kein pflegeleichter Typ, ist in Gelsenkirchen ein kleines Licht am königsblauen Firmament. "Ich werde mich unterordnen", kündigte er fast schon demütig an. Das musste er in Frankfurt nie.