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Wenn Fans hüpfen
Studie: Auch moderne Stadien einsturzgefährdet
Bochum (RPO). Ein Forschungsteam der Ruhr-Universität Bochum hat herausgefunden, dass auch in Deutschland Fußball-Stadien im Falle des Herumspringens von Fans einsturzgefährdet sind.
Am vergangenen Wochenende sind in Salvador mehrere Menschen gestorben und zahlreiche verletzt worden, als die Tribüne eines Stadions einstürzte. Die Fans feierten den Aufstieg ihres Vereins, unter der Last der herumspringenden Menschenmassen gab die Tribünenkonstruktion nach.
Ein Forschungsteam der Ruhr-Universität Bochum (RUB) sagt jetzt: Ein solches Unglück könnte sich auch in Deutschland ereignen. Die modernen und WM-erprobten Stadien seien nicht einheitlich für derartige Belastungen ausgelegt. Die RUB entwickelt entsprechende Lastmodelle, mit denen sich die Auswirkungen des Zuschauerverhaltens auf das Tragwerk berechnen lassen.
"Unsere Simulationen zeigen, dass die dynamischen Lasten der hüpfenden Zuschauer um das Dreieinhalb- bis Viereinhalbfache höher sind als die statischen Lasten", erklärt Dr. Michael Kasperski, Leiter des Forschungsteams. "Die Reaktionen des Tragwerks darauf können dann je nach Masse, Steifigkeit und Dämpfung der Konstruktion um das 20- bis 80-fache größer sein als die statischen Wirkungen."
Dass die Tribüne eingestürzt ist, müsse nicht zwangsläufig daran liegen, dass das brasilianische Stadion schon über 50 Jahre alt ist. "Wir glauben, dass sich dieses Unglück in ähnlicher Art und Weise auch in unseren modernen Fußballstadien wiederholen kann."
So sei zum Beispiel das neue Stadion in Wembley nicht für das Szenario "hüpfende Fans" ausgelegt worden. Mehr als 70 Personen haben die Wissenschaftler auf ihre individuellen Eigenschaften zur "Biomechanik des Hüpfens" untersucht.
Mit Hilfe einer Kraftmessplatte konnten die Forscher aus den Messergebnissen Modelle erarbeiten, die es erlauben, im Rechner die Lasten eines hüpfenden Publikums zu simulieren und in einem weiteren Schritt die Tragwerksreaktionen zu berechnen.
Bereits im Vorfeld der WM 2006 in Deutschland haben die Bochumer Forscher die Innenminister der Länder auf diese Sicherheitslücke der "dynamischen Schwingungen" aufmerksam gemacht - ohne Erfolg.
Kasperski: "Unsere Warnhinweise wurden mit der Erklärung, dass die Stadien von Experten entworfen worden sind, missachtet. Dieses Verdrängen einer offensichtlichen Gefahr erscheint besonders unverständlich, wenn man sich den Beinahe-Unglücksfall im Stadion Nürnberg im Herbst 2005 vor Augen führt."
Hier seien wegen möglicher Schwingungen bei Open-air-Konzerten ein Teil der Tribünen Mitte der 90er-Jahre mit schwingungsreduzierenden Maßnahmen versehen worden.
Auslegungskriterien waren neben der Standsicherheit der Tribünenkonstruktion insbesondere die Sicherheit der Zuschauer vor dem Hintergrund zu großer Schwingamplituden, die im schlimmsten Fall zu einer Panik führen können. Der Kurvenbereich hinter der Bühne war von diesen Maßnahmen ausgenommen - mit dem Hinweis, dass Fußballfans nicht hüpfen.
Das sich in den folgenden Jahren verändernde Zuschauerverhalten habe man in Nürnberg trotz Warnhinweisen von Fußballfans ignoriert. Erst nach dem Beinahe-Unglück, bei dem sich kleinere Betonstücke von den Oberrängen lösten, sei auch diese Tribüne entsprechend gesichert worden.
Wenn Fans hüpfen: Studie: Auch moderne Stadien einsturzgefährdet | RP ONLINE
Hey hey
Wer nicht hüpft
der ist kein Schalker
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