MACHTKAMPF AM MILLERNTOR
St. Pauli-Präsident Littmann wirft hin
Von Mike Glindmeier
Schwarzer Tag für die Braun-Weißen: Nach wochenlangen Machtkämpfen mit dem Aufsichtsrat hat das komplette Präsidium des FC St. Pauli um Corny Littmann heute seinen Rücktritt erklärt. Damit ist nicht nur der Stadionumbau in Gefahr, sondern die Existenz des Traditionsvereins.
Hamburg - Die Situation beim FC St. Pauli ist eskaliert: Das Präsidium des Nord-Regionalligisten FC St. Pauli tritt zum 26. März zurück. Das teilte Präsident Corny Littmann heute mit. Hintergrund sind Streitigkeiten zwischen Vorstand und Aufsichtsrat des Vereins. Das Führungstrio, zu dem neben Littmann noch Marcus Schulz (Finanzen) und Klaus Rummelhagen (Amateurabteilungen) gehören, wollte sich ursprünglich nach Ablauf der Amtszeit an diesem Sonntag für weitere zwei Jahre zur Wahl stellen. Der Aufsichtsrat sucht jedoch nach Alternativen. "Ich habe den Eindruck, der Aufsichtsrat will dieses Präsidium nicht", sagte Littmann. Für den 25. März hat der Vorstand eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen.
St. Pauli-Präsident Littmann: "Der Aufsichtsrat will dieses Präsidium nicht"
Littmann hatte den Verein im Dezember 2002 nach dem Rücktritt des damaligen Präsidenten Reenald Koch erst kommissarisch geführt, eher er dann am 25. Februar 2003 von der Mitgliederversammlung für vier Jahre gewählt wurde. Diese Amtszeit endet am Sonntag, doch laut Satzung hätte der Theaterbesitzer vom Kiez den Vorsitz kommissarisch bis zur nächsten ordentlichen Jahreshauptversammlung Ende 2007 weiter führen können.
Doch der mitunter sehr eigenwillige Littmann hatte in den vergangenen Tagen stets betont, kein Präsident auf Abruf sein zu wollen und bestand darauf, dass der Aufsichtsrat ihn als einzigen Präsidentschaftskandidaten für die kommende Legislaturperiode vorschlägt. "Ich würde St. Pauli nicht im Stich lassen und alle Projekte zu Ende führen. Doch diesen Zustand, dass ich Präsident im Wartestand oder auf Abruf bin, wird es nicht lange geben", hatte Littmann Mitte der Woche in der "Hamburger Morgenpost" gesagt.
Zuvor duellierten sich das dreiköpfige Präsidium und der Aufsichtsrat, der laut Satzung die Geschäfte des Vorstandes kontrollieren soll, wochenlang über die Hamburger Presse. Immer wieder monierte der Vorsitzende des siebenköpfigen Kontrollgremiums, Michael Burmester, die mangelnde Transparenz des Präsidiums und beklagte sich darüber, dass Littmann seine Kritik vornehmlich über die Presse äußerte: "Der Präsident weiß sehr wohl, um was es uns geht. Das ist ihm mehrfach schriftlich und mündlich mitgeteilt worden. Klar und deutlich. Warum wir damit nicht an die Öffentlichkeit gehen, hat durchaus triftige Gründe", hatte Burmester in der "Mopo" gesagt.
Worum es dabei genau geht, ist Littmann nach eigener Aussage nicht klar. Im Dezember haben die dringend notwendigen Umbauarbeiten am maroden Millerntor begonnen. Zudem haben Littmann und Co. langfristige Verträge mit der Stadt sowie einigen Geldgebern abgeschlossen, die dem Verein zum ersten Mal seit der Beinahe-Pleite im Sommer 2003 wieder eine vielversprechende Perspektive bieten. Die Kontrakte mit dem General-Unternehmer fürs Stadion sowie den Banken stehen kurz vorm Abschluss. Zwei Geldinstitute sollen allerdings unter der Woche aufgrund der Querelen bereits abgesprungen sein. Sollte der Stadionausbau durch fehlende finanzielle Mittel ins Stocken geraten, ist der Regionalligist in seiner Existenz bedroht.
So wie 2003, als erst eine beispiellose Retterkampagne und ein privater Kredit Littmanns die Insolvenz des Traditionsvereines abwenden konnten. Genau um diesen Kredit soll es in dem neuerlichen Streit zwischen dem Aufsichtsrat und Littmann gehen. Denn der 50-Jährige soll vor kurzem die Rückzahlung seines 400.000-Euro-Darlehens gefordert haben.
Um die Liquidität des Clubs nicht durch eine einmalige Rückzahlung zu gefährden, hatte der 54-Jährige vorgeschlagen, mit seiner Theatergastronomie den neu entstehenden Vip-Bereich zu versorgen. So hätte der Verein den Kredit über die kommenden Jahre abstottern können. Doch offenbar hat der Aufsichtsrat kein Interesse an dieser Lösung. Ob es in Zukunft allerdings überhaupt einen Vip-Bereich am Millerntor geben wird, darf nach dem heutigen schwarzen Freitag für die Braun-Weißen bezweifelt werden.
Quelle: SPIEGEL ONLINE - Nachrichten