Es ist doch klar, dass St. Pauli denen auf den Sack geht. Umso schöner für die, wenn man St. Pauli einen mitgeben kann.
Der FC St. Pauli sollte allerdings ungeachtet aller Sportbild-Schmierereien nicht den Fehler machen, es mit der Selbstdarstellung zu übertreiben. Der Vorstoß von Andreas Rettig zum Thema Fernsehgeld beispielsweise war leichtsinnig. Er hat für ein bisschen Applaus auf eine populistische Position aufgesattelt (Vereine mit Mäzenen von der TV-Gelder-Verteilung ausschließen) und durfte sich einen Tag wie der Gewinner fühlen. Was ist dann passiert? "Bayern-Boss Rummenigge unterstützt St. Pauli" - und hat seinen Vorstoß erst mal so umgedeutet, dass sich Rettig gegen Solidarität und Umverteilung ausspricht und man mehr über Einzelvermarktung nachdenken sollte. Und nachher gab's eine Debatte, die St. Pauli überhaupt nicht mehr unter Kontrolle hatte und die die TV-Gelder-Diskussion in eine Richtung verschoben hat, die für einen eher in der 2. Bundesliga angesiedelten Club wie St. Pauli nur schmerzhaft sein kann.
Dabei geht's gar nicht so sehr um das, was Rettig gesagt hat. Es ist ja durchaus diskutabel, ob Wolfsburg bspw. neben der Unterstützung von VW noch einen großen Teil der TV-Gelder einsacken sollte, obwohl sie nachweislich zu den im TV am wenigsten populären Clubs zählen. Es ist aber eben auch diskutabel, ob die Bayern sich überhaupt in eine Zentralvermarktung einklinken sollten, die ihnen immer weniger bringen wird als eine Einzelvermarktung. Es ist auch diskutabel, ob man die 2. Liga überhaupt am Gesamtkuchen beteiligt oder ob man sie einfach selbst das erwirtschaften sollte, was sie auf dem freien Markt wert ist - das wäre vermutlich weniger als die derzeit 20% des Gesamtkuchens 1. und 2. Bundesliga. Es gibt also eine Menge Vorschläge die diskutabel sind und die für St. Pauli erhebliche Nachteile mit sich bringen. Wer wie Rettig mal DFL-Geschäftsführer gewesen ist sollte eigentlich auf dem politischen Parkett das Geschick besitzen, die restliche Liga nicht einfach so zu brüskieren. Die Retourkutsche kann nämlich in solchen Fällen dann deutlich mehr Schaden anrichten als man durch seinen Vorstoß an kurzfristigem Gewinn erreicht hat.
Umso besser finde ich es, dass St. Pauli die Aktion zu diesem Spiel nicht als Alleingang auf die Beine gestellt hat. Die gemeinsame Erklärung mit RB vor dem Spiel sollte mehr als ausreichend sein, um den Schmierfinken von der Sportbild den Wind aus den Segeln zu nehmen - und sie beugt dem Vorwurf vor, dass sich St. Pauli wieder auf Kosten aller anderen als der "gute" Verein zu profilieren versucht. Letzten Endes hilft das St. Pauli auch, seine Werte weiter zu vertreten, ohne dass der Springer-Haufen Angriffsfläche hat. Anhand der Ausschlachtung des Lienen-Zitats sieht man ja, wieviele Heckenschützen es auch weiterhin auf St. Pauli abgesehen haben.