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Wer beim FC Liverpool nicht mitsingt, wird verprügelt
Ausgerechnet vor dem Duell mit Titelverteidiger FC Barcelona haben die Spieler des FC Liverpool heftig über die Stränge geschlagen. Weil John Arne Riise keine Lust auf Karaoke hatte, traktierten ihn einige Kollegen mit Golf- und Baseballschläger.
Rafael Benitez hätte es besser wissen können. Wer mit trinkfesten Briten an die Atlantikküste fährt, muss mit diversen Entgleisungen rechnen, erst recht wenn man den Waliser Craig Bellamy im Team hat. Aber da von den letzten sechs Spielen des FC Liverpool drei in Niederlagen mündeten und eines in einem Remis, mag sich der Trainer gedacht haben, seine Jungs vor dem heutigen Hinspiel im Champions-League-Achtelfinale gegen den FC Barcelona (Mittwoch, 20.45 Uhr, Liveticker) in den Flieger zu setzen. Ab in die Sonne, nach Faro in den Süden Portugals.
Sieben Nächte lief alles nach Plan. Nach einem Abschiedsabend samt anschließendem Besuch der Hotelbar endete das Gelage am drauffolgenden Morgen für Ersatzkeeper Jerzey Dudek in Handschellen, für Verteidiger John Arne Riise mit Schürfwunden am Bein und für Robbie Fowler sowie Jermaine Pennant mit dringenden Verdacht, Dudek im Rausch mit dem Baseballschläger beiseite gestanden zu haben.
Berichten der portugiesischen Polizei zufolge haben Dudek, Fowler und Pennant mehrere Autos traktiert und Bellamy Riises Bein mit einem Golfschläger, nachdem der Norweger sich Stunden zuvor geweigert hatte, am Karaoke teilzunehmen. Der in der Vergangenheit durch Trunkenheit am Steuer, Schlägereien und rassistische Übergriffe auffällig gewordene Bellamy, berichteten Teamkollegen später, habe sich dadurch beleidigt und in seiner Ehre verletzt gefühlt.
Dümmer hätte Liverpool die eigentlich günstige Ausgangslage vor dem Duell mit dem amtierenden Europapokalsieger nicht verspielen können. Zum Abschluss einer Woche mit Gerüchten über den Rücktritt von Trainer Frank Rijkaard und dem Streit zwischen Samuel Eto’o und Ronaldinho, die für den spanischen Tabellenführer am Sonntag in einem bitteren 1:2 gegen den FC Valencia mündete, sahen Experten die Engländer mental bereits im Vorteil. Der ist nun dahin.
So ganz nach Plan läuft es derzeit generell nicht beim Champions-League-Sieger von 2005. Wochenlang hat das Wettpokern um die Übernahme des Klubs zwischen den US-Milliardären George Gillet sowie Tom Hicks und einer Investmentgruppe um Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum Klub und Fangemeinde in Atem gehalten. Kurz nach dem Zuschlag kündigten die beiden Amerikaner an, den ehrwürdigen Stadionnamen „Anfield Road“ verkaufen zu wollen. „Topspieler wie junge talentierte Kicker“ wollten sie dafür kaufen, versprachen die beiden, und präsentierten als erstes den eher zweitklassigen Bundesligalegionär Andrej Woronin.
Auch Liverpools Vorstandschef Rick Parry jubelte und verstieg sich in die leicht größenwahnsinnige Prognose, bald „der größte Verein der Welt zu sein“. Stattdessen verlor der Tabellendritte prompt seinen Vorsprung auf die Verfolger um die Champions-League-Plätze FC Arsenal (einen Punkt zurück) und Bolton Wanderers (zwei Punkte). Mitten hinein in die Minikrise platzen nun die Nachrichten aus Portugal.
Da mochte es die neuen Besitzer aus Übersee auch kaum milde gestimmt haben, dass Bellamy mit knapp 100.000 Euro bereits abgestraft wurde und trotz seiner bislang sieben Tore im Sommer wohl auf die Transferliste gesetzt wird. Und ebenso wenig, dass der Klub angekündigt hat, mit Fowler, Pennant und Dudek ähnlich zu verfahren, sollten „interne Untersuchungen“ (Benitez) die Berichte der Beamten bestätigen. Der Ruf ist ruiniert. Da helfen nur positive sportliche Schlagzeilen gegen Barcelona.