Die Gesellschaft wird aber nicht dadurch gespalten, das unterschiedliche Meinungen vertreten werden.Eine Spaltung wird vielmehr dadurch vorangetrieben, dass eine bestimmte Gruppe von Menschen für sich in Anspruch nimmt, dass ihre Meinung die einzig mögliche und gleichzeitig einzig richtige ist und versucht, Andersdenkende zu diskreditieren und an den Rand zu stellen, in letzter Instanz dann auch auszugrenzen. Und genau auf diese Art wird in der deutschen Öffentlichkeit die Impfdikussion geführt. (Neben anderen Diskussionen übrigens auch. )
Es gibt eine weltweite Pandemie. Die Lage ist sehr dynamisch, was geszern richtig erschien, kann morgen falsch sein. Es gab relativ schnell mehrere Impfstoffe. Die halten nicht unbedingt immer das, was man sich von ihnen versprochen hatte.
Allerdings ist es Konsens bei der großen Mehrheit der Wissenschaftler, Politiker und Einwohner (unseres Landes), dass die Impfung das Hauptwerkzeug zur Verlangsamung, Eindämmung und Bekämpfung der Pandemie ist.
Es gibt im groben zwei Lager und passend dazu zwei Optionen:
pro Impfung oder contra Impfung, dazwischen gibt's naturgemäß nicht so viel, wie bei einer Schwangerschaft.
Im Gegensatz zu dir sehe ich bis zu diesem Punkt keine Spaltung der Gesellschaft und nehme ich der schlichten Ausschließkichkeit, die du den Geimpfte zuschreibst, nicht einseitig eine Gruppe wahr, die die andere, nämlich die Ungeimpften an den Rand drängt und deren Meinung nicht zulässt.
Es ist doch wohl eher so, dass die Position der Impfbefürworter deutlich ausgewogener und näher an Fakten ist als die oft postfaktischen Ansätze der anderen Gruppe.
Die Extremisten beide Lager tun sich auch in meinen Augen nicht viel der Härte der
Auseinandersetzung, wobei man wohl nicht als parteiisch gelten muss, wenn man konstatiert, dass sich im Lager der Impfskeptiker neben vielen Durchschnittsbürgern sicherlich deutlich mehr Esoteriker, dem Staat an sich kritisch gegenüber stehene Menschen, politische Extremisten und eher wissenschaftsferne Menschen tummeln als bei den anderen.
Wie gesagt: bis hierhin, bei dieser Rahmung sehe ich sehr divers Meinungspole, aber keine gesellschaftliche Spaltung.
Nun ist jeder einzelne gefragt, er/sie muss sich entscheiden: Verantwortung für sich und seine Mitmenschen übernehmen und die Impf- Frage beantworten.
Quasi die Kennedy-Frage.
Wer diese im Rahmen seiner Freiheitsrechte mit Fug und Recht mit "nein" antwortet, verhält sich faktisch durch den Verzicht auf eine mögliche Bremwswirkung der Impfung in Hinblick auf Ansteckung, Stärke des Verlaufs und letztendlich vermeidbare Flutung von Intensivstationen eben nicht so solidarisch wie es ihm möglich wäre, profitiert aber gleichzeitig von der Impfbereitschaft der Mehrheit. Das hat eben diese Mehrheit lange mitgetragen und wohl gehofft, dass irgendwann auch der letzte begreifen mag, was zu tun ist.
Diese Akzeptanz schwindet nun sicherlich, aber in die vermeintliche, gefühlte Spaltung und Randstandigkeit sowie Rechteeinschränkung ist doch eben das Resultat des Verzicht auf die Impfung.
Wenn es weniger Menschen gäbe, die die eigenen Interessen und Ideologie über die der Mehrheit stellen würde, wäre die durch Corona verursachten Probleme auf allen Ebenen kleiner. Hier ist die Meinung und das Verhalten nicht nur Privatsache, sondern strahlt auf alle anderen Menschen, mit denen man agiert, aus.
Hier liegt der Schlüssel, hier liegt die einfache Lösung, sich nämlich dergestalt solidarisch und demokratisch zu verhalten, dass man auch dann, wenn man die Meinung der Mehrheit nicht teilt, im Sinne der Gemeinschaft mitzieht.
Das ist verloren gegangen und das spaltet das Land. Je deutlicher den allermeisten wird, wie schlimm die Lage ist und wichtig es wäre, die Impfquote zu steigern, desto schriller und schräger mehr pochen die Skeptiker auf ihre Rechte.
Die Konsensgesellschaft hat die Nase voll davon, dass wenige Menschen über den Alltag von vielen bestimmen (wollen), deshalb kommen doch nun Zwangsmaßnahmen wie eine Impfpflicht in den Blick, die vor 15 Monaten undenkbar waren, denn viele Leute sind fassungslos, wie man in so einer Situation noch so verhalten kann.
Es ist doch wirklich nicht so, dass die Politiker aller Couleur es sich leicht gemacht haben, solche Schritte zu gehen.